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08.04.2020 12:00 Alter: 4 yrs
Kategorie: LEGAL NEWS

Wohnungsmiete nicht mehr leistbar – was nun?

Neues Covid-19-Gesetzespaket mit mieterfreundlichen Regelungen


Ein neues Covid-19-Gesetzespaket sieht mieterfreundliche Regelungen im Falle der Nichtzahlung von Wohnungsmietzinsen aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Mieter durch Jobverlust oder Kurzarbeit vor.

Bedingt durch die Auswirkungen des Coronavirus auf die Wirtschaft schreiben wir aktuell negative Rekordzahlen im Bereich der Arbeitslosigkeit sowie der Kurzarbeit. Viele Menschen haben ihre Arbeitsstelle und damit auch einen mehr oder weniger großen Teil ihres regelmäßigen Einkommens verloren. Die monatlichen Mietzinszahlungen für die Wohnung geraten einer Situation wie dieser oft schnell ins Stocken. Doch was sind die Folgen?

Mietzinsausfall und COVID-19: Kündigungsaufschub für Wohnungsmietverträge

Was galt bisher?

Gemäß der bisherigen Rechtslage konnte der Vermieter bei Zahlungsverzug des Mieters in der Regel ohne Weiteres mittels Mietzins- und Räumungsklage oder gerichtlicher Aufkündigung vorgehen. Zahlt der Mieter die offenen Mietzinse nicht rechtzeitig nach und legt ausreichend begründet dar, dass ihn am Zahlungsverzug kein grobes Verschulden trifft, kommt es zur Räumung: Der Mieter verliert seine Wohnung und muss die Miete samt Zinsen und Prozesskosten nachzahlen.

Was gilt jetzt?

Um einem Wohnungsverlust der Mieter in diesen ohnehin schon schwierigen Zeiten vorzubeugen, wurde am 03.04.2020 im Nationalrat ein Gesetzespaket (darin enthalten: 2 COVID-19-Justiz-Begleitgesetz) beschlossen, das eine Entlastung für Mieter herbeiführen soll.

Danach darf der Vermieter den Mietvertrag wegen eines gänzlichen oder teilweisen Zahlungsverzuges mit einer Mietzinszahlung, die zwischen 1. April 2020 und 30. Juni 2020 fällig ist, nicht aufkündigen. Allerdings gilt dies nur, wenn der Mieter beweist, dass er
(a) als Folge der COVID-19-Pandemie…
(b) …in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit…
(c) …erheblich beeinträchtigt ist.

Eine solche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit liegt wohl jedenfalls bei gänzlichem Verlust der Einkommensquelle aufgrund der COVID-19-Pandemie vor, kann aber wohl auch bei teilweisen Einkommenseinbußen beispielsweise im Rahmen von Kurzarbeit argumentiert werden. Da der Gesetzgeber hier auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in ihrer Gesamtheit abstellt und nicht nur auf das Arbeitseinkommen, dürften auch sonstige Einkunftsquellen des Mieters bzw. der COVID-19-bedingte Entfall derselben (z.B. Unterhaltsansprüche, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) relevant sein. Insbesondere noch ungeklärt ist, ab wann eine „erhebliche“ Beeinträchtigung vorliegt, etwa, ob es (i) auf die Unterschreitung des Existenzminimums oder (ii) „nur“ auf einen Vergleich der Einkommens- und Haushaltsausgabenlage vor COVID-19 und danach ankommt.

Was kann ich tun, wenn ich als Mieter betroffen bin?

Dann müssen Sie zunächst wissen: Für Mieter gibt es keinen automatischen Zahlungsaufschub oder Räumungsstopp. Vielmehr muss der Mieter im Streitfall das gesammelte Vorliegen der oben dargestellten Voraussetzungen unter Beweis stellen. Gerade bei (etwa unbefristeten) Altmietverträgen über Wohnungen mit günstigem Mietzins könnte sich der Vermieter einen allfälligen Zahlungsausfall des Mieters zunutze machen, von seinem Kündigungsrecht Gebrauch machen und es dann darauf ankommen zu lassen, ob dem Mieter vor Gericht der Beweis der Voraussetzungen gelingt. Gelingt dies nicht, verliert der Mieter im schlimmsten Fall die Wohnung; im besten Fall muss er „nur“ die Prozesskosten zahlen. Daher ist anzuraten, nur im Notfall – also, wenn ansonsten der notwendige Lebensunterhalt nicht gedeckt werden kann – den vereinbarten Mietzins nicht zu bezahlen. Dazu sollte der Mieter bereits jetzt entsprechende Belege sammeln und eine Haushaltsrechnung führen, um im Streitfall den COVID-19-bedingten Einkommensverlust lückenlos und eindrucksvoll darlegen zu können. In jedem Fall empfehlen wir, zunächst zu versuchen, das Einvernehmen mit Ihrem Vermieter herzustellen und dieses zu dokumentieren und rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen.

Gerichtliche Geltendmachung bzw. Kautionsaufrechnung mit Mietzinsrückständen

Überdies ist es dem Vermieter bis Jahresende 2020 nicht erlaubt, den ausständigen Mietzins aus dem vorgenannten Zeitraum gerichtlich einzufordern oder eine allenfalls hinterlegte Kaution dafür heranzuziehen. Dies gilt jedoch nach dem Wortlaut des Gesetzes ebenfalls wohl nur dann, wenn die oben bezeichneten Gründe für den Zahlungsausfall vorliegen. Jedenfalls reifen Verzugszinsen in der gesetzlichen Höhe von 4 % an, außer ein für den Mieter günstigerer Zinsfuß ist vertraglich vereinbart.

Flexiblere Verlängerungsmöglichkeiten von befristeten Mietverhältnissen

Weiters wurde eine Erleichterung für die Verlängerung von befristeten Mietverhältnissen geschaffen, die nach dem 30.03.2020 und vor dem 01.07.2020 auslaufen. Diese sollen jetzt auch für einen geringeren Zeitraum als die dreijährige Mindestbefristung verlängert werden können. Dies war bislang nur für die Dauer von wiederum zumindest drei Jahren möglich; im Falle der Unterschreitung dieser Mindestverlängerungsdauer lag automatisch ein unbefristetes Mietverhältnis vor. Deswegen stimmten oftmals viele Vermieter einer kürzeren einvernehmlichen Verlängerung als drei Jahren nicht zu. Vorliegend würde dies dazu führen, dass Mieter ihre Wohnung verlieren, aber – aufgrund der allgemeinen Ausgangssperre und den Kontakteinschränkungen – auch keine neuen Wohnungen besichtigen bzw. anmieten können. Die Mieter wären damit der kostenpflichtigen Räumung durch den Vermieter ausgesetzt und mit der Obdachlosigkeit bedroht.

Um dem entgegenzuwirken, können nach der neuen Gesetzeslage nunmehr abweichend von der bisherigen Regelung auch Verlängerungsvereinbarungen für einen kürzeren Zeitraum als drei Jahre getroffen werden, aber höchstens bis zum Ablauf des 31.12.2020. Dies soll Vermieter dazu motivieren, einer kürzeren Befristung zuzustimmen und die individuell drohende Wohnungsnot zu lindern.

Aufschub der Räumungsexekution

Schließlich können Mieter, die derzeit von einer Räumungsexekution betroffen sind, einen Aufschub selbiger beantragen, sofern die Wohnung für den Mieter und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses unentbehrlich ist. Der Aufschub ist grundsätzlich zu bewilligen, sofern die Räumung nicht zur Abwendung schwerer persönlicher oder wirtschaftlicher Nachteile des betreibenden Gläubigers unerlässlich ist. Diesem steht daher ein entsprechendes Äußerungsrecht zu.

Die hier getroffenen Regelungen dienen laut Justizministerin Alma Zadic vor allem dazu, den Mietern in dieser ohnehin schon angespannten Situation die zusätzliche Angst um den Verlust ihrer Wohnung zu nehmen.

In einem konkreten Einzelfall kann eine Vielzahl an weiteren Umständen für das Ergebnis einer rechtlichen Prüfung entscheidend sein. Aufgrund der derzeit sehr dynamischen gesetzgeberischen Tätigkeit kann trotz Bemühung der aktuelle Stand der hier enthaltenen Information nicht gewährleistet werden. Deswegen ist eine individuelle Prüfung der Rechtslage für jeden Einzelfall unerlässlich. Insbesondere aus diesen Gründen übernehmen wir für die hier dargebotenen Informationen keinerlei Haftung.

08.04.2020